Die Armkette von Soldat John E. Norton: Rückgabe eines Kleinods nach 78 Jahren


Als Geschichtsforscher Rene Karassek und sein Freund Ralf Binding an einem Tag in 2013 in den ehemaligen umkämpften Wäldern bei Remagen unterwegs waren, deutete zunächst noch nichts darauf hin, dass sie etwas Besonderes finden würden. Bis Rene  plötzlich ein Armkettchen fand. Wie sich auf den ersten Blick herausstellte, musste dieses von einem amerikanischen Soldaten stammen. 

 

Eine Inschrift zeigte einen Namen, John E. Norton, und eine Nummer, wohl die Dienstnummer des Soldaten. Rene´s erster Gedanke war, dass es toll wäre, dieses Armband an den ehemaligen Besitzer, oder, falls er nicht mehr am Leben sein sollte, an die Familie des Soldaten, zurückzugeben. 



Einige Jahre gingen ins Land bis Rene und ich 2019 in Kontakt kamen und uns über seinen besonderen Fund austauschten. Nachdem ich dann ein wenig nachgeforscht hatte, konnte einige Tage später die Tochter von John E. Norton, Kay Norton, in den USA ausfindig gemacht werden. Ausschlaggebend war die Dienstnummer von John E. Norton und online Todesanzeigen der Familie in den USA. Da auf Obituaries/Todesanzeigen immer die Nachfahren der Verstorbenen aber auch deren Wohnort genannt werden, erleichtert das die Suche nach Nachfahren ungemein. Wohnen die Nachfahren in einem eher kleineren Dorf oder (wie in diesem Fall) in einem Ort mit einem recht ungewöhnlichen Namen, macht es die Suche sogar noch einfacher. Außerdem stellte sich auch heraus, dass Kay Norton zwar Amerikanerin ist, aber mit einem Kanadier verheiratet ist und heute in Kanada wohnt.



Als sie hörte, warum ich sie suche, war sie überglücklich. Sie schilderte, dass ihr Vater den Krieg überlebt hat, aber mittlerweile leider verstorben ist. Deshalb ist für sie das Kettchen ihres Vaters sehr wichtig. Sie sagte, sie möchte mit ihrem Ehemann Bill nach Deutschland kommen, um das Kettchen persönlich in Empfang zu nehmen. Sie sagte, sie wollte schon immer eine Rundreise durch Europa machen und dieser Anlass, der Fund der Kette ihres Vaters, beschleunigte ihr Vorhaben. Ihre Reise war für 2020 geplant. Aber dann kam Corona. Durch die daraus resultierenden Corona-Einschränkungen musste die Reise vorerst abgesagt werden. Die ganze Zeit über hielten wir selbstverständlich Kontakt und Anfang 2023 wurde erneut ein Anlauf genommen. Am 4. Oktober 2023 sollte das Treffen stattfinden. Und so kam es.




Wir sollten uns unterhalb der Pfeiler der geschichtsträchtigen „Brücke von Remagen“, am linken Rheinufer, treffen. Die Brücke war damals heiß umkämpft und war, nach einer erfolglosen Sprengung durch die Wehrmacht, die erste Brücke über dem Rhein, die den Alliierten 1945 unbeschadet in die Hände fiel. Das Armkettchen war im Wald auf der anderen Rheinseite unweit der Remagener Brücke gefunden worden, also musste Soldat Norton genau diese Brücke, die direkt links daneben liegende Pontonbrücke oder die rechts daneben liegende Pontonbrücke bei Linz am Rhein überquert haben. 



Nach all den Jahren Kontakt via Email oder Facebook, war es toll, Kay Norton und ihren Ehemann Bill nun endlich kennenzulernen. Nach einer sehr herzlichen Begrüßung unterhalb der ehemaligen Brücke von Remagen, übergab der Finder, Rene Karassek, die Armkette, fein säuberlich in einem kleinen edlen Holzdöschen drapiert, an Kay Norton. Sie und ihr Ehemann Bill waren sehr dankbar und gerührt. Ein kleines Stück Familiengeschichte kommt zurück, da wo es hingehört.  





Nach der Übergabe der Armkette an der Brücke liefen wir zu fünft zu Fuß am Rhein entlang zum Restaurant „Schroeders“, wo wir einen Tisch reserviert hatten. Dort ließen wir den Abend ausklingen. Kay und Bill ließen es sich nicht nehmen, uns zum Essen einzuladen. Ein tolles Treffen an historischer Stelle. Ein kleiner Fund mit sehr großer Wirkung. Über Grenzen hinweg. Mission accomplished.                 Erik Wieman